ArcheN-Projekt
Schöpfung und Hoffnung bewahren


War es ein Zeichen für uns?


 

Als im März 1995 in Berlin die erste UN-Klimakonferenz stattfand, war zum Auftakt des Gipfels eine Drahtseil-Artistik geplant - als Symbol für die Gratwanderung der Menschheit zwischen Natur und technischer Entwicklung. Vom Fernsehturm bis zum Roten Rathaus war ein Stahlseil gespannt, auf dem der Artist Matthias Traber mit Hilfe einer Balancierstange den schwierigen Weg bewältigen sollte.





An diesem Abend deutete vom Wetter her nichts auf eine Klimaveränderung hin, denn es war typisches Spätwinterwetter - nass, kalt, windig und ungemütlich. Der Artist betrat das Seil und begab sich- von Scheinwerfern angestrahlt - auf seinen abenteuerlichen Weg, 620m ohne Netz und Sicherung. Verfolgt von Kameras und den Blicken der Zuschauer bewegte er sich auf dem schmalen Seil durch die dunkle Nacht, tastete sich

 Schritt für Schritt vorwärts und trotzte zunächst den Elementen Kälte, Sturm und Regen. 






Doch schon nach kurzer Strecke wurde er von einer starken Böe erfasst. Er schwankte und hatte Mühe, sein Gleichgewicht auszutarieren, aber er ging weiter. Wenige Schritte später erfasste ihn eine weitere Böe. Wieder kämpfte er dagegen an, wieder versuchte er, das Gleichgewicht mit seiner großen Balancierstange zu halten. Bange Sekunden - und dann passierte es: er verlor das Gleichgewicht, ließ die Stange fallen, die in die Tiefe stürzte und rettete sich in letzter Sekunde mit einem Griff ans Seil. Der Balanceakt war missglückt, die Kräfte der Natur waren stärker als die Kunst des Menschen. 



Nun saß er dort, gescheitert und ratlos. 





Wir waren damals bestürzt und fragten uns, ob das ein Zeichen für uns war? 

Ist unser Weg zu mehr Konsum, mehr Komfort, mehr Selbstverwirklichung durch bessere Technik vielleicht doch nicht mit der Natur in Einklang zu bringen geht?
Jetzt nehmen immer mehr Menschen die gravieren Folgen des Klimawandels wahr. Viele schwanken noch immer zwischen Verdrängen, Ignorieren oder Verleugnen. Aber immer mehr Menschen drängt es auch zum Handeln. Dabei zeigen die derzeitigen Ereignisse, dass es schwierig werden wird. Oder können wir sogar scheitern, wie damals der Artist? Haben uns bereits die ersten Böen eines gewaltigen Sturms erfasst?
Damals malte ich eine Bilderserie zu dem Ereignis. Das letzte Bild zeigt ein Kreuz, das sich aus dem Seil und der Balancierstange bildet. Mich bewegt die Frage, ob vielleicht bald ein Kreuz am Wegesrand der Menschheit steht. Ich habe den Glauben, dass wir doch noch gemeinsam die Verantwortung für die Rettung unsere Zukunft übernehmen, noch nicht verloren.











Die Hoffnung im Scheitern“ aus der Serie Klima- Balance 1995

Die christliche Gemeinschaft muss sich vorbereiten auf psychologische und soziale Probleme und Konflikte, die aus Dürre, Überschwemmungen, Zerstörungen, Ernteausfällen, Lebensraumzerstörungen etc. entstehen. In den Krisen werden die Menschen Trost und Zuspruch benötigen sowie auch Mut, Kraft und Zuversicht. Vor allem brauchen sie neue Perspektiven und Werte für ein Leben unter völlig anderen Bedingungen. Hier erwächst den christlichen Kirchen eine große und entscheidende Aufgabe. Sie sind gefragt, wenn andere Wege gefunden werden müssen und Tugenden wie Demut, Ehrfurcht, Solidarität und Bescheidenheit neu zu entdecken sind. Nicht zuletzt muss sie sich mit den Fragen der Verantwortung für die Klimakrise auseinandersetzen, denn diese ist durch unser Tun und Lassen erst zu der geworden, die sie jetzt ist. Unangenehme Fragen werden auftauchen, auf die wir jetzt noch keine Antworten geben können.